Als Conny Wenk 2004 ihr erstes Buch „Außergewöhnlich“veröffentlichte, war nicht abzusehen, dass dieser Bildband mit Porträts und Essays von 15 Müttern und ihrer Kinder mit Down-Syndrom schon fast zu einem Standardwerk für frischgebackene Eltern eines Kindes mit Down-Syndrom entwickeln sollte. Aber genau so kam es. Das Erfolgsrezept lag vermutlich in der Kombination von behutsam und liebevoll eingefangenen Aufnahmen und persönlichen Eindrücken. Conny Wenk war es ein Anliegen, den klischeehaften Bildern, die leider noch in zu vielen Köpfen stecken, etwas entgegenzusetzen.

 

Sie wählte dazu Fotografien, die Freude, Schönheit, Lebendigkeit und nicht zuletzt Liebe und Zuneigung ausstrahlen und damit helfen, Vorurteile und Berührungsängste abzubauen. Flankiert wurden die Porträtaufnahmen durch kurze Essays der Mütter, die Erfahrungen und Begebenheiten aus dem gemeinsamen Alltag mit ihren Kindern im Alter zwischen zwei und acht Jahren schilderten und damit zum Nachdenken, oft auch zum Schmunzeln anregten. Neben glücklichen Momenten wurden aber natürlich auch Ängste und Unsicherheiten und auch Krankheiten – die oftmals mit dem Down-Syndrom einhergehen – thematisiert.

 


Fortsetzung folgt
Nachdem Conny Wenk bereits im Vorwort von Außergewöhnlich salopp in Aussicht gestellt hatte, im Anschluss auch die Väter vor ihr Objektiv zu holen, setzte sie dieses Vorhaben – ermuntert durch zahlreiche Zuschriften von Eltern aus dem In- und Ausland – vier Jahre später in die Tat um. Der 2008 erschienene Nachfolger Außergewöhnlich: Väterglück porträtierte 17 Väter und ihre Kinder mit Down-Syndrom. Nun kamen die Väter persönlich zu Wort, um ihre Erinnerungen rund um die Diagnose, gemeinsame Erlebnisse und Eindrücke ganz authentisch zu beschreiben.

 

Neue Auflage, neue Stories
2013 erschien eine komplett neue Ausgabe von Außergewöhnlich – mit neuen Fotos und neuen Berichten von Müttern. Das Konzept ist dasselbe wie bei der ersten Auflage 2004. Mit Hilfe von Sponsoren konnten 3.000 Exemplare davon an Kliniken, Praxen und Beratungsstellen gegeben werden.

 

Die Geschichte geht weiter
Selbst Mutter von zwei Kindern, wurde Conny Wenk oftmals gefragt, ob denn nicht auch Geschwister ein Thema für ein außergewöhnliches Buch sein könnten. Und in der Tat hatte die Autorin dieses Thema lange Zeit auf der Agenda, wollte damit allerdings noch warten, bis ihr jüngerer Sohn Nicolas selbst einmal nach dem Unterschied zu seiner älteren Schwester Juliana fragen sollte – Juliana hat Down-Syndrom. Nicolas ist mittlerweile elf Jahre alt; die von seinen Eltern erwartete Frage hat er allerdings noch immer nicht aufgeworfen. Vermutlich spielt sie für ihn auch keine Rolle, denn – dank des gemeinsamen Besuches einer integrativen Grundschule – das Thema Down-Syndrom ist für ihn einfach nichts Ungewöhnliches.

Um sich im wahrsten Sinne des Wortes ein Bild zu machen, hat Conny Wenk ihre Kamera wieder gezückt und diesmal Geschwister von Kindern mit Down-Syndrom fotografiert. Die Geschwister erzählen dazu, wie gewöhnlich oder außergewöhnlich ihr Leben ist.

Liebe Milla,

ich hab dich sehr lieb! Ich mag es sehr gerne wenn wir zusammen verstecken spielen. Das finde ich immer sehr lustig. Sowieso spiele ich gerne mit dir. Wir machen oft zusammen Quatsch und spielen lustige und ausgedachte Spiele wie *kleines Monster* und viele andere Sachen. Und du kannst mich am besten trösten.

Besonders finde ich an dir eigentlich nichts. Du bist wie eine ganz gewöhnliche kleine Schwester nur tausendmal besser!

Eine bessere Schwester könnte ich mir nicht vorstellen auch wenn du manchmal nur noch „Nein“ sagst. Ich täte dich niemals umtauschen.

Am liebsten hab ich es aber wenn wir uns in der Badewanne nassspritzen.

Bitte bleib so wie du bist!

Deine Ida

… Und jetzt mal ehrlich: Bis zum heutigen Tag bin ich der festen Überzeugung, dass ich ein anderer Mensch wäre, gäbe es Leonard nicht – so wie er ist – in unserem Leben. Das geht nicht nur mir so. Ob es die Arzthelferin, der Hip-Hop-Lehrer, die Arbeitskollegen unseres Vaters, unsere Großeltern oder Freunde sind, jeder der Leo kennen gelernt hat, ist danach sein Fan! Was viele als Handicap beschreiben, steht für uns alle als das genaue Gegenteil. Es ist ein unglaubliche Bereicherung, Leo als kleinen und großen Bruder zu haben. Die Herzlichkeit, die er uns entgegen bringt, erlebt man kaum von anderen Menschen. Vor allem aber ist er eines für uns alle: ein großes Vorbild. Kindergarten? Easy going. Schule? Mit Unterstützung der Eltern kein Problem. Kommunizieren? Auf seine Art wahrscheinlich ein besserer Gesprächspartner als viele unsere Freunde. Sport, Fußball? Super! Radfahren? Kein Problem! Tanzen? Sieht bei keinem so cool und lässig aus wie bei ihm …

DETAILS:

ISBN:  978-3-86256-080-6
FORMAT: 21,5 x 27 cm
GEBUNDEN: 128 Seiten, durchgehend mit farbigen Fotos illustriert
ERSCHEINUNGSDATUM: 19. April 2017
HERAUSGEBER: Neufeld Verlag
PREIS: € 19,90

Als meine Schwester geboren wurde, war ich schon fast 8 Jahre alt. Trotzdem haben wir ein gutes Verhältnis zueinander. Für mich war sie immer eine ganz normale kleine Schwester. Das hat sich auch nicht geändert, als ich erfuhr, dass sie das Down-Syndrom hat. Wie alle anderen Geschwister haben wir uns natürlich auch gestritten und manchmal hat sie mich genervt. Es war mir immer sehr wichtig, dass sie von meinen Freunden voll akzeptiert wurde, deshalb habe ich sie oft mitgenommen und ihr gezeigt, was ich so mache. Sie war im Sommer regelmäßig mit meinen Freunden und mir im Freibad und durfte sogar mit zur Uni in die Vorlesung. Ich glaube, dass ich immer ihr Vorbild war, weil sie immer das lernen wollte, was sie bei mir gesehen hat. So hat sie schon viel erreicht. Sie hat einen normalen Schulabschluss und einen Tauchschein. Wenn möglich unternehmen wir auch heute noch viel gemeinsam. Sie findet es immer toll, wenn ich sie auf meinem Motorrad mitnehme und wenn wir gemeinsam tauchen gehen. Einmal im Jahr machen wir zusammen einen Tauchurlaub in Dahab in Ägypten. Ich bin richtig stolz auf sie, wenn ich so sehe, was sie alles erreicht hat. Nie hätte ich gedacht, dass ich sie mal im Fernsehen sehen würde.

Heute ist sie Schauspielerin und bekommt Einladungen, an Talkshows teilzunehmen, Vorträge zu halten und Klavier zu spielen. Ich war immer sehr aufgeregt, wenn ich Vorträge halten musste oder Klaviervorspiel hatte. Sie ist da vollkommen locker und freut sich sogar darauf. Mir gefällt an meiner Schwester ganz besonders, dass sie alle Menschen gleich behandelt. Da ist es egal, ob sie einen schwerst mehrfach behinderten Menschen, einen Obdachlosen, einen Professor oder einen berühmten Schauspieler vor sich hat. Sie geht freundlich auf jeden zu. Außerdem freue ich mich jedes Mal, wenn sie mir von unterwegs eine Postkarte schickt.“

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